Es wurden die schönsten Sommerferien die Emma je erlebt hatte! Fast jeden Tag fuhr sie mit Moni heimlich zu Summerdream um sie zu putzen, zu streicheln oder auch ein wenig auf ihr zu reiten. Sie mussten verschwiegen und vorsichtig sein, damit ihre Eltern nichts davon mitbekamen. Einmal hätte Frau Tannmaier, die Haushälterin der Meierlings, fast etwas mitgekriegt. Emma war bester Laune von einem Besuch auf der Weide nachhause gekommen, als die gute Frau aus der Waschküche kam. Über den bis zum Rand vollen Wäschekorb hatte sie Emma angeschaut, geschnüffelt und gemeint: "Mein Gott, Kind! Wonach riechst du denn?!" Emma war wie versteinert stehen geblieben und hatte schnell geflunkert: "Ach, Moni und ich waren Fahrrad fahren und sind bei der Schafweide vom Bauern Thalmann vorbei gekommen. Der hat da jetzt ein paar ganz süße Lämmer! Die haben wir gestreichelt." Einen Moment hatte Frau Tannmaier misstrauisch die Stirn gerunzelt, dann aber die Schultern gezuckt und im Weggehen gebrummt: "Na gut. Geh dich jetzt aber gleich umziehen und dann unter die Dusche. Deine Mutter bekommt sonst einen Herzanfall."
Aber weder ihre Mama noch sonst wer kamen hinter ihr Geheimnis. Doch dann, am Anfang der letzten Ferienwoche kam Moni am Vormittag angeradelt. Unter Emmas Fenster begann sie zu rufen. Sie war völlig außer Atem, hochrot im Gesicht und verschwitzt. "Emma! Emma, komm schnell!" Emma schaute kurz aus dem Fenster und ihr wurde flau im Magen. Moni war sonst nie so außer sich. Rasch raste sie die Treppe hinab und stieß im Vorbeihasten mit Rudi zusammen. "Mensch, pass doch auf!", ihr kleiner Bruder hatte sein Spielzeug Motorrad fallen gelassen. Doch Emma achtete nicht auf ihn und stürmte zur Tür. "Moni, was ist denn?" Ihre Freundin schaute traurig drein und beide verzogen sich in den Garten. "Emma, es ist schrecklich! Mama will Summerdream als Pflegepferd an eine junge Frau vermieten! Das heißt sie bleibt zwar auf dem Hof, aber wir dürfen sie nicht mehr anfassen!" Es war als wäre ein eisiger Klumpen in Emmas Magengegend gerutscht. Nein, wie konnte so was nur sein!? Ausgerechnet jetzt, wo alles solange so gut gelaufen war! Wo sie sich solche Mühe gegeben hatten es geheim zu halten! Warum musste es immer nach den Erwachsenen gehen?!? Emma traten Tränen in die Augen und begann leise zu schluchzen. "Wa…was sollen wir denn jetzt machen?" Moni klopfte ihr machtlos auf die Schultern und seufzte. "Ich weiß nicht."
An diesem Abend hatte Emma einen Entschluss gefasst. Sie würde mit ihrem Papa reden. Ihm alles sagen und darum bitten Summerdream selbst als Pflegepferd nehmen zu dürfen. Er würde sicher nicht begeistert sein, aber ihr blieb keine Wahl. Sie wartete bis nach dem Abendessen und schlüpfte dann in sein Arbeitszimmer. Herr Meierling war gerade dabei den Computer hochzufahren, als er Emma bemerkte. Ohne sich umzudrehen sagte er: "Schätzchen, ich hab jetzt leider keine Zeit zum Spielen. Geh doch zu Rudi." Emma schluckte schwer und rief: "Papa, ich will nicht spielen…ich muss dir was sagen! Ich meine…" Ihr Vater öffnete eine Datei und drehte den Kopf. "Liebling, kann das nicht warten? Wenn du etwas willst geh doch zu Mama. Ich habe zu tun." Und damit war Emmas mutige Absicht zerschlagen. Als sie leise wieder in den Flur huschte und die Tür schloss, wurde ihr Angst und Bange. Ihre Mama fragen? Nein, das ging nicht! Sie würde toben vor Wut. Aber was sollte sie sonst machen? Sich innerlich gut zu redend tapste Emma die Treppe runter in die Küche. Ihre Mama stand beim Geschirrspüler und räumte die schmutzigen Teller ein. "Mama, ich… ich muss dir was sagen." Frau Meierling schaute auf und verzog die Mundwinkel. "Liebling, gibst du mir bitte die Gläser vom Tisch." Rasch tat Emma was sie verlangte und setzte noch einmal an: "Mama, da gibt es was…ich muss dich was fragen!" Frau Meierling seufzte und rieb sich die Stirn. Emmas Mut sank in den Keller. Das war kein gutes Zeichen. "Emma, ich weiß was du willst. Ich war auch einmal jung. Aber nur weil du die Ferien über so brav warst und nicht mehr mit diesen Pferdegeschichten angefangen hast erlaube ich es auch nicht. Es geht einfach nicht, dass du Reiten lernst." Emma brannte die Kehle. Wenn das so weiterging würde sie anfangen zu weinen. Ihre Mutter schien nichts zu bemerken und meinte ermunternd: "Wieso versuchst du es nicht mal mit etwas anderem? Ballett wäre doch was Schönes! Oder Tanzen! Turnen macht sich auch gut oder Musikunterricht. Du könntest Violine oder Klavier lernen!" Emma wischte sich die Augen und schniefte. Bevor Frau Meierling darauf eingehen konnte heulte das Mädchen auf: "NIE HÖRST DU MIR ZU!!! ICH WOLLTE DIR WAS SAGEN, ABER DAS IST DIR VÖLLIG EGAL!! GEH DOCH SELBER ZUM BALLETT WENN DU ES SO MAGST! MIR KANN ES GESTOHLEN BLEIBEN!!!" Und damit stürzte Emma, hemmungslos weinend, davon. Ihre Mutter war im ersten Moment perplex hastete ihr dann aber hinterher. "EMMA! EMMA, Bleib stehen!" Doch ihre Tochter hatte sich bereits in ihr Zimmer geflüchtet und abgeschlossen. Die ganze Nacht heulte Emma in ihr Kissen. Noch nie zuvor war ihr so elend zu Mute gewesen. Wieso nur musste alles schief laufen?!
Früh am Morgen schlich sie sich aus dem Haus. Durch die Verandatür kam sie in den Garten. Wenn sie Summerdream schon nie mehr reiten konnte, wollte sie wenigstens noch soviel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Doch vor der Garage erwartete sie ein Überraschung. Rudi stand da, die Hände in den Hosentaschen und schaute sie aus großen, blauen Augen an. "Du gehst wieder zu diesem Pferd, oder?" Emma schnappte nach Luft und packte ihren Bruder an der Schulter. "Woher weißt du das?!" Rudi grinste verschmitzt: "Ich bin euch nach gefahren! Das Tier hat ein hübsches Muster. Als ihr weg wart bin ich hin und hab's gestreichelt. Es hat mich nicht gebissen." Emma war ganz überrascht. "Aber wieso bist du überhaupt hin gegangen? Ich dachte du magst keine Pferde!" Rudi rümpfte die Nase und meinte: "Na ja, so große, hässliche mag ich eh nicht, aber deines ist okay. Von ihm muss ich nämlich nicht niesen!" Emma drückte Rudi dankbar und holte ihr Rad aus der Garage. "Tschüß, bis später." Rudi schaute seiner Schwester noch eine Weile nach. Sie bog etwa hundert Meter weiter in den abkürzenden Waldweg ein. Gerade als der Junge wieder ins Haus gehen wollte erklang die Klingel eines Rades. Überrascht schaute er in die Auffahrt, denn Emma konnte unmöglich schon wieder zurück sein. Aber es war gar nicht seine Schwester. Es waren Moni und ihre Mutter Cornelia. Beide stellten ihre Räder beim Zaun ab und Frau Sandrupp kam auf Rudi zu. "Guten Morgen, sind deine Eltern schon wach?" Rudi staunte und kam nicht zu seiner Antwort. Seine Mutter öffnete gerade die Tür. "Rudi, weißt du wo Emma…" Doch sie brachte den Satz nicht zu Ende da sie die Gäste bemerkte. Frau Sandrupp schüttelte ihr die Hand und sagte: "Verzeihen sie die frühe Störung, aber es ist wichtig." Dabei warf sie ihrer Tochter einen Seitenblick zu. Frau Meierling bat die Beiden ins Haus.
Summerdream und Theis verbrachten die meiste Zeit auf der Koppel. Dort gab es einen Unterstand mit Wassertränke und eine Heuraufe. Alles weitere zupften sich die Pferde selbstständig von der Wiese. Emma ließ ihr Rad an einem Zaunpfahl zurück und kletterte in die Koppel hinein. Theis beschnupperte sie freundlich und Summerdream leckte ihr gleich über die Hände. "Sorry, Süße. Aber heute hab ich leider nichts für dich." Emma umarmte das Curly Horse und streichelte sanft über ihren Hals. Dann schwang sie sich auf ihren Rücken und die beiden Pferde begannen über die Wiese zu toben. Emma hielt sich an Summers Mähne fest und lachte während ihr die Haare ins Gesicht peitschten. Als sie wieder langsamer wurden ließ Emma sich ins Gras purzeln und blieb liegen. Die weißen Schäfchenwolken zogen im Schneckentempo über den hellblauen Himmel. Dann war über ihr plötzlich ein feuchtes Pferdemaul und dunkles Fell. Summerdream knabberte vorsichtig an ihren Stirnfransen und leckte über ihr Gesicht. Emma lachte und prustete: "Hey! Hör auf! Das reicht!" Dann setzte sie sich auf und sah zu wie beiden Pferde um die Wette liefen. Schade, dass sie solche Augenblicke nicht mehr lange miterleben konnte.
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